Frauen der theodosianischen Dynastie

Lisa Köhl (Universität Trier)

„I often look back with wonder at women who managed to come to power against all the weight of tradition and society’s expectations of their inadequacy,“ schrieb die Historikerin Joyce E. Salisbury in ihrem Werk über Galla Placidia, die nicht die einzige außergewöhnliche Frau der theodosianischen Dynastie war. Leider reicht der Platz nicht aus, um Ihnen all diese schillernden, starken und intelligenten Frauen vorzustellen, daher lade ich Sie ein, mit mir einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit zu machen, in eine Zeit, in der sich das Bild der Frauen des Herrscherhauses wandelte.

Obschon keine Frau das römische Reich in eigenem Namen ‚regierte‘, entwickelte sich doch in eben jener Zeit, in der der westliche Teil des Reiches mit seinem Niedergang zu kämpfen hatte, eine neue politische Dimension für die Frauen des Kaiserhauses der theodosianischen Dynastie (379-455 n.Chr.). Als Repräsentantinnen des Kaisertums waren sie nicht länger nur die Frauen an der Seite des Herrschers, die Mütter ihrer Thronfolger oder Schwestern, die man vorteilhaft verheiraten konnte, sondern sie begannen die bisher nur schwammig definierte Rolle der Frau an der Seite des Herrschers individuell zu gestalten. Dabei verfügten sie über eine vergleichsweise große Machtfülle und weitreichende politische Handlungsmöglichkeiten – die zumeist mit der Verleihung des Titels der Augusta („die Erhabene“) noch zunahm – und fanden demnach auch im Bildprogramm des Kaiserhauses ihren Platz.

Daher starten wir mit der Frau, mit der wohl alles begann: Flaccilla, die erste Frau Theodosius I. und Mutter seiner Nachfolger Arcadius und Honorius. Ihre bildliche Repräsentation (z.B. auf Münzen) und ihr Auftreten prägten maßgeblich das Bild kaiserlicher Frauen des 5. Jahrhunderts. Wir können sogar so weit gehen und mit ihr eine neue Bildtradition beginnen lassen. Die Münzprägung zu Ehren der kaiserlichen Frauen war zwar nichts Neues – aber wussten Sie, dass Flaccilla die erste Frau war, die sowohl mit einem Diadem als auch mit dem kaiserlichen Mantel (paludamentum), also mit den beiden wichtigsten Kaiserinsignien, abgebildet wurde? Das Diadem war seit Kaiser Konstantin der besondere Kopfschmuck des Kaisers, das paludamentum als römischer Feldherren- und Soldatenmantel Symbol seiner militärischen Autorität.

Bereits eine Generation später soll Eudoxia, Flacillas Schwiegertochter, in noch beträchtlicherem Maße eine Rolle in der Vermittlung des theodosianischen Herrscherideals gespielt haben. In den literarischen Quellen nimmt Eudoxia, als schillerndste weibliche Persönlichkeit der Dynastie, nicht selten einen aktiveren Part ein als ihr Ehemann, der Kaiser. Wie ihre Schwiegermutter wurde auch Eudoxia mit dem Diadem und paludamentum auf Münzen abgebildet. Ihre Münze weist zudem eine weitere Besonderheit auf, die die Darstellung kaiserlicher Frauen prägen wird. Eudoxia wird durch eine aus dem Himmel herabreichende Hand – die manus Dei – gekrönt. Als Element des christlichen Kaisertums wurde Eudoxia und mit ihr die Dynastie zu einer von Gott eingesetzten Herrscherfamilie. Die sakrale Aura, mit der sich Eudoxia umgab, um sich Legitimität zu verleihen, wird sich im Laufe des 5. Jahrhunderts etablieren und sich als festes Attribut kaiserlicher Frauen durchsetzen.

Die Augusta der theodosianischen Dynastie war in der bildlichen Repräsentation dem Kaiser gleichgestellt. Kleidung und Ornat transportierten eine ganz deutliche Botschaft an ihre Untertanen: dass sie ihnen als Vertreterin der kaiserlichen Herrschaft begegnete. Auch die Autoren dieser Zeit nahmen die Augustae als aktiv handelnde Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Inhaberin kaiserlicher Macht wahr.

Abb. 1: Goldmedaillon mit Galla Placidia (© Bibliothèque nationale de France, Paris)

Abb. 2: Porträt des Gratian, 375-383 n. Chr. (© GDKE, Rheinisches Landesmuseum Trier, Inv. 1898,306)

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