Exponat: P. Nepheros 1

Peter Meis (Universität Trier)

In der Papyrussammlung der Universität Trier werden Briefe eines gewissen Paulos verwahrt, die an den Mönch Nepheros, einen Klostervorsteher im ägyptischen Hathor, gerichtet sind. Obschon Paulos in seinen Nachrichten auch bittet, Nepheros möge durch seine Gebete Tapiam, die kranke Ehefrau des Absenders, unterstützen, sind doch andere Inhalte das Hauptthema dieser Texte: Es geht um an Paulos gerichtete Aufträge, die er in Alexandria für das Kloster erledigen soll. Da eine Hand die andere wäscht, sollen die Mönche für Paulos wiederum Schulden eintreiben. Denn er hat einem anderen Mönch namens Papnuthis in Hathor ein Weizendarlehen gewährt. Allerdings scheint Papnuthis keine gute Zahlungsmoral besessen zu haben. Nepheros droht ihm, ihn von der Messfeier auszuschließen, sollte er nicht endlich seine Schulden begleichen. Ob das gewirkt hat, wissen wir allerdings nicht. Und auch ob sich die Frau des Paulos wieder von ihrer Krankheit erholte, erfahren wir leider nicht explizit. Haben die Gebete vielleicht nicht gewirkt? Wichtig ist aber, dass die Papyri sehr gut die Bedeutung kirchlicher Institutionen, die auch nach dem Ende des Römischen Reiches weiter existierten, aufzeigen.

Da nur Briefe von Paulos an den Mönch Nepheros überliefert sind, nicht aber an Familienmitglieder oder Freunde, steht nachfolgend ein fiktiver Brief, der authentische Infor­ma­tionen über Paulos und seine Mitmenschen verarbeitet, und den dieser in ganz ähnlicher Form an seine (fiktive) Schwester geschrieben haben könnte.

„Meiner lieben Schwester Apia, Grüße in Gott dem Herrn, Paulos.

Vornehmlich bete ich Tag und Nacht für dein Wohlergehen und die Gesundheit deines Mannes Psotos und deiner Kinder. Ich möchte dir für die Zusendung der zwei Fässern Weizen danken, ich habe aus ihnen Brote backen lassen und wie du wünschtest, habe ich zwei Körbe der Brote an die Armen verteilen lassen. Ich hörte, Kolluthos hat dir nur meine Bitte für die zwei Lieferungen, jedoch nicht die Gründe für meine missliche Lage genannt.

Ich befinde mich zurzeit noch immer in Alexandria und werde die Stadt wohl auch sobald nicht verlassen können. Ich hatte von den Klosterbrüdern Nepheros und Protos den Auftrag erhalten, Eisen sowie Öl für die Brüder zu kaufen, doch gab es in Alexandria bei Erteilung des Auftrages weder genügend Eisen, noch genügend Fässer für das Öl. Die Schiffe, die das Eisen bringen sollten, sind wohl in einem großen Sturm vor der Küste gesunken. Ich wollte die Stadt nicht ohne die Waren verlassen, da ich Nepheros bereits zuvor einmal habe enttäuschen müssen: Ich habe mich erst verspätet um einen seiner Aufträge kümmern können, da ich nach dem Tod Tapiams alleine für die Kinder habe Vorsorge treffen müssen. Hätte ich die Stadt nun wieder ohne die Waren verlassen, so hätte Nepheros mir dies vermutlich kein weiteres Mal verzeihen können.

Doch bin ich nicht nur aufgrund der Aufträge um ein gutes Verhältnis zu den Brüdern des Klosters bemüht, sondern auch, weil der Mönch Papnuthis, der Sohn des Horion, noch immer nicht meine 16 Fässer Weizen an mich zurückgezahlt hat. Ich selbst kann leider nicht gegen ihn vorgehen, also muss ich Bruder Nepheros bitten, auf Papnuthis und sein Gewissen als Diener des Herrn Jesus Christus einzuwirken. Ich habe Nepheros bereits mehrfach darum gebeten, Papnuthis auf die Rückzahlung des Weizens hinzuweisen, doch blieb ich dabei bisher ohne Erfolg. Selbst nachdem ich in einem Brief an Nepheros anmerkte, er solle einen Teil der 16 Fässer zu Brot backen lassen und an die Armen verteilen, hat er sich nicht um die Rückzahlung gekümmert. In einem meiner letzten Briefe an den hochverehrten Nepheros, habe ich ihm gesagt, dass ich den Papnuthis zum Schwur werde zwingen müssen. Wie du weißt, ist es ihm als Mönch des Klosters und als Diener unseres Herrn verboten, irgendeinen Schwur zu leisten. Nepheros müsste ihn vom Gottesdienst ausschließen. Ich hoffe, wenn er nicht mehr an der Messfeier teilnehmen darf, bringt ihn dies endlich dazu, mir den mir zustehenden Weizen zurückzuzahlen.

Wie du gewünscht hast, habe ich dem Kolluthos zwei Flaschen Öl mitgegeben. Darüber hinaus habe ich ihm einige Gewänder Tapiams für dich übergeben. Seit ihrem Tod habe ich keine Verwendung mehr für sie und meiner Tochter Taese sind sie noch zu groß.

Ich danke dir noch einmal für die Hilfe und bitte darum, in deinen Gebeten an uns, aber auch an meine liebe Tapiam, möge der Herr ihr gnädig sein, zu denken.

Ich bete an den Herrn für deine Gesundheit und die Gesundheit deiner Familie.“

Wir respektieren Ihre Privatsphäre

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen. Weitere Infos finden Sie in der Datenschutzerklärung
notwendige System-Cookies
Auswählbare Cookies
Cookiemanager