Barbaren

Michelle Stöckl (Universität Trier)

Wenn wir heutzutage das Wort „Barbar“ hören, wird das für die meisten vermutlich ein ähnliches Bild heraufbeschwören: muskulöse, leicht bekleidete Krieger, oftmals mit einer primitiven, fast schon wilden Verhaltensweise und vielen, langen Haaren. Aber woher kommt diese Vorstellung eines „Barbaren“? Blicken wir hierfür auf bildlichen Darstellungen von Barbaren. In dem Relief aus dem Louvre sieht man das Bild eines kämpfenden Barbaren, der in seiner Darstellung eben genau diese Idee von „wilden Barbaren“, welche uns in der Moderne so bekannt ist, reflektiert.

Römer brachten Barbaren oft direkt mit der Natur, vor allem der wilden Natur, in Verbindung: sei es, dass sie als in der Wildheit lebend gezeigt wurden oder sogar als unzivilisierte kulturlose Menschen. Das musste nicht immer negativ gemeint sein – ‚Wildheit‘ und ‚Unzivilisiertheit‘ standen gelegentlich als Chiffren für ‚Freiheit‘ und ‚Natürlichkeit‘, die dem ‚verweichlichten‘, ‚überzivilisierten‘ Römer entgegengestellt werden konnte. Dabei wurde eine antike Version des ‚edlen Wilden‘ z.B. von Tacitus in seiner „Germania“ idealisiert, die der römischen Gesellschaft seiner Zeit die moralisch bessere, da schlichtere Welt der Germanen entgegenstellte.

Neben dem Bild des (edlen) Wilden war eine ebenfalls weit verbreitete und auch bildliche in der Antike verbreitete Darstellung die des besiegten Barbaren. Diese bestand aus Bildern von knienden, gefesselten, im Kampf bezwungenen oder getöteten Barbaren. Von Bedeutung war in diesen Bildern die symbolische Unterordnung der Barbaren unter die ebenfalls dargestellten Römer. Diese Unterordnung wurde auch sehr deutlich bildlich vermittelt, zum Beispiel durch Zweiteilungen des Bildes, in dem die Römer die obere Hälfte einnahmen und die Barbaren die untere, oder indem Barbaren als auf unmögliche Maße geschrumpft dargestellt wurden. Am deutlichsten wird die Botschaft, wenn die dargestellten Römer ‚Barbaren‘ prügeln oder ihren Fuß auf sie stellen. Wenn wir uns nun wieder dem Exponat zuwenden, fallen zwei Dinge auf: zum Einem die Besonderheit, dass der Barbar als kämpfend dargestellt wird, nicht als besiegt. Zum Anderen jedoch wurde auch hier deutlich gemacht, dass er unter der zweiten Figur im Bild, der eines römischen Soldaten, steht.

Was war nun aber die Motivation hinter diesen Darstellungen der Barbaren? Sie hatte primär politische Gründe. Zu einem waren diese Bilder im gesamten Reich verbreitet, was bedeutet, dass die Bürger des römischen Reiches oft mit diesem Verständnis von „Barbar“ konfrontiert wurden. Diese Konfrontation schuf ein Weltbild, welches für die Bürger des römischen Reiches selbstverständlich wurde. Die Bilder, die ihnen präsentiert wurden, waren die einer den Römern feindlich gesinnten Gruppe, welche jedoch regelmäßig mit Leichtigkeit übermannt wurde. Das römische Reich war somit siegreich und verdiente den Titel eines „Weltreiches“. Des Weiteren vermittelte diese Vorstellung den Bürgern ein Gefühl der Sicherheit vor äußeren Bedrohungen. Gleichzeitig unterstützte die Trennung von „Barbar“ und „Römer“ auch das Selbstverständnis der Römer, die sich als zivilisierte Kultur ansahen. Barbar war in diesem Denkmuster alles was „nicht römisch“ war: unzivilisiert, wild und irrational.

Wenn wir uns aber den Ursprung des Wortes genauer ansehen, finden wir, dass es aus dem Griechischen kommt. Das heutige Wort „Barbar“ leitet sich vom griechischen „bárbaros“ (βάρβαρος) ab und bedeutete zunächst einmal „nichtgriechisch, fremdsprechend.“ Der Begriff hatte somit in seinen ersten Variationen eine etwas neutralere Bedeutung und die eher negativ konnotierte Vorstellung von Barbaren, die sich bis heute durchgesetzt hat, wurde vor allem von griechischen und römischen politischen Botschaften geprägt.

Abb.: Joseph-Noël Sylvestre, Le Sac de Rome par les Barbares en 410 (© Musée Paul Valéry, Sète)

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